Liebe Leserin, lieber Leser
Du fragst dich, weshalb es bei mir in den letzten drei Jahren so still war?
Ich habe viel an der Hochschule unterrichtet, an der Volkshochschule Kurse zu skandinavischen Autorinnen gegeben, unsere Kinder begleitet und mich im Forschungsprojekt ˮPippi und Putte i världenˮ (dt. Pippi und Putte, alias Hänschen, in der Welt) engagiert, das meine schwedischen Kollegin Lisa Källström und ich dank einem Forschungsstipendium der schwedischen Stiftung Ridderstad (2022-2025) durchführen konnten.
In diesem Projekt reisten wir mit den beiden (Bilder-)Buchcharakteren Pippi Langstrumpf (Astrid Lindgren) und Hänschen im Blaubeerenwald (Elsa Beskow) in die Welt und forschten anhand von vielen Buchausgaben dazu, wie sich diese Bücher und die dazugehörenden Illustrationen in verschiedenen Sprachen, Ländern und zu verschiedenen Zeiten seit der Entstehung der Bücher bis heute verändert haben. Während sich Pippis Reisen v.a. in den Osten bewegten, in die DDR, Polen und Tschechien, führte Hänschens Weg von der schwedischen Heimat über den deutschen Sprachraum nach Polen und Finnland. Im Fokus unseres Interesses lag insbesondere die materielle Ausformung der Bücher, wie Format, Farben, Papier oder die Typografie. Die Erkenntnisse wurden im Lichte des historischen Kontextes (des jeweiligen Landes) und Einbezug der dort vorkommenden Kindheitsbilder beleuchtet. Als Resultat unserer Erkenntnisse sind auf beiden Reisewegen sowohl individuelle als auch gemeinsame Produkte wie Vorträge und Artikel entstanden. Persönlich freue ich mich besonders, dass anlässlich des 150. Geburtstags von Elsa Beskow unter der Leitung der Kuratorin Gitten Skiöld (Stockholm) die Ausstellung ˮFörtrollad vardag. Elsa Beskow Från verklighet till fantasi” (Dt: Verzauberter Alltag. Elsa Beskow. Von der Wirklichkeit zur Fantasie) ins Leben gerufen wurde, an der ich u.a. im Rahmen dieses Projektes in beratender Funktion mitarbeiten und Texte zum Buch verfassen durfte.
Die Arbeit, welche das gesamte Team um Gitten Sköld und Johan Cederlund (Meusumsdirektor Mora) gleistet haben, wird ab dem kommenden Sonntag, dem 1. Dezember 2024 in Mora (Dalarna, Schweden) zu sehen sein. Dann öffnet das Zorn Museum seine Pforten zur Beskow-Ausstellung für Gross und Klein.
In einem chronologischen Rundgang angelegt, geht die Ausstellung auf das Leben, das Wirken und das Werk der schwedischen Buchkünstlerin ein. Sie zeigt, wie sich Beskow in ihrem Familienkreis bewegte, wo sie Inspiration für ihr Schaffen holte und nicht zuletzt, wie bewusst, sie ihre Bücher in Zusammenarbeit mit ihrem Verlag gestaltet hat. So richtet sich der Fokus der Ausstellung nicht allein auf das Schaffen aus der Perspektive der Biografie, sondern nimmt für Beskow wichtige Themen wie Bildung, Kreativität und Buchgestaltung mit in den Blick. Zum ersten Mal werden sowohl Fotos, Briefe als auch frühe Skizzen zu sehen sein, die bisher für ein breiteres Publikum verschlossen waren.
Anhand von konkreten Beispielen, wie etwa den Fotos und den Skizzen ihres ältesten Sohnes Stig, der für das Hänschen aus Hänschen im Blaubeerenwald Modell gestanden hatte, wird deutlich, wie sich die Buchkünstlerin Inspiration aus dem Alltag holte, und wie sie diese schliesslich in die Fantasie der Geschichten und der Bücher übertragen hat.
Die fantastischen BuchprotagonistInnen aus Beskows Werk haben nicht nur damals grosse und kleine Lesende angesprochen, sondern berühren auch heute noch viele lesende und betrachtende Kinder – sei es doch mit einem Blick aus dem Buch, aus der Fantasie zurück in die Wirklichkeit (wie Hänschen im zweitletzten Bild nach seinem Abenteuer).
Begleitend zur Ausstellung erscheint das Buch ˮFörtrollad vardag. Elsa Beskow Från verklighet till fantasi” im Gidlunds Verlag (2024) auf Schwedisch.
Dies für heute. Vielleicht finden manche den Weg nach Schweden oder sind inspiriert in den Büchern von Beskow zu schmökern.
Ich wünsche eine schöne Adventszeit.
Petra
Bild: Beskow, Elsa: Puttes äfventyr i blåbärsskogen. Stockholm Centraltryckeriet 1901. (Litteraturbanken.se)
Skizze: Ältester Sohn Stig. Archiv der Universitätsbibliothek Lund, Carolina Rediviva.
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